Ich habe noch ein paar Jahre im Tank“, sagte Fin Bartels im Sommer, als er in Kiel als Neu­zu­gang vor­ge­stellt wurde. Was eigent­lich Quatsch war, also nicht die Sache mit dem Tank, son­dern die mit dem Vor­stellen. Schließ­lich brauchte man Fin Bartels in Kiel nicht vor­zu­stellen, in Kiel kannten sie ihn längst, er ist dort geboren und auf­ge­wachsen, er hat schon als Jugend­li­cher für die Störche gespielt und für den Verein als Profi debü­tiert, damals noch in der Regio­nal­liga Nord. Von Kiel aus ist er im Jahr 2007 hinaus in die Welt gezogen, auch wenn die Welt im Fall von Bartels gar nicht so groß war, genau genommen bestand die Welt aus ein paar Städten in Nord­deutsch­land, aus Ros­tock, Ham­burg und Bremen. Von Kiel aus hat er es bis in die Bun­des­liga geschafft, und, viel­leicht noch wich­tiger, in die Herzen der Fans, egal ob bei Hansa, St. Pauli oder Werder. Wo auch immer Fin Bartels ankam: Fin Bartels kam gut an. 

Weil er, wenn er denn fit war, auf dem Platz meist gute Leis­tungen ablie­ferte und weil er, wenn er nicht auf dem Platz stand, ent­spannt und freund­lich und bedacht wirkte. Und im Gegen­satz zu einigen seiner Kol­legen auch wie einer, der sich selbst nicht zu wichtig nimmt. Dazu der nord­deut­sche Ein­schlag, der anders als quasi alle sons­tigen deut­schen Dia­lekte eher hilft als stört. Er drängte nie ins Ram­pen­licht, und wenn es, nach guten Spielen etwa, doch mal auf ihn gerichtet wurde, dann lächelte er nett, ant­wor­tete fix auf die Inter­view-Fragen und verzog sich wieder, ab unter die Dusche. 

So wie ges­tern nach dem vorher für unmög­lich erklärten Sieg über die Bayern. Zu dem er mit einem Tor und dem ent­schei­denden Elf­meter maß­geb­lich bei­getragen und so gezeigt hatte, dass die Sache mit dem Tank alles war, aber bestimmt kein Quatsch. Er lächelte nett, ant­wor­tete fix, lobte die jün­geren Kol­legen und verzog sich dann, ab unter die Dusche. Er klang im Field-Inter­view eher wie ein ver­läss­li­cher Post­bote, der sich gleich noch nach den Kin­dern und der Sache mit dem Auto­ver­kauf erkun­digt, als wie ein Fuß­baller, der grade die Bayern ver­senkt hatte. Alles gut, danke Herr Bartels. Och mensch, da nich für. Irgendwie ange­nehm.

Sie ver­missten seine Wuse­lig­keit

Irgendwie nicht so ange­nehm lief die jün­gere Ver­gan­gen­heit für Bartels. Um ziem­lich genau zwei Jahre seiner Kar­riere hat ihn das Schicksal oder der Fuß­ball­gott oder wer auch immer betrogen. Im Dezember 2017 riss ihm die Achil­les­sehne, erst im Dezember 2019 war er wieder richtig fit. Zwei Jahre Stress und Schmerzen, zwei Jahre, in denen sie vor allem im Weser­sta­dion seine so gar nicht zu den grauen Haaren pas­sende Wuse­lig­keit ver­missten. Zwei Jahre, die ihm seinen Platz in der Bun­des­liga gekostet haben, zwei Jahre, die er nun gerne hinten dran­hängen würde, wie er sagt. Wer ihn ges­tern spielen sah, kann sich durchaus vor­stellen, dass das klappt. 

Mit seinen kurzen, aber noch immer flinken Schritten wetzte er über den Platz, mit seiner feinen Technik löste er brenz­liche Situa­tionen auf, mit seinem prä­zisen und eis­kalten Abschluss sorgte er für den zwi­schen­zeit­li­chen 1:1‑Ausgleich. Ent­spannt und bedacht ver­wan­delte er den Elf­meter zum 8:7, kurz zuvor, als er sich Arm in Arm mit seinen Kol­legen die anderen Schützen ange­schaut hatte, lächelte er freund­lich. Wieso sollte er mit diesen Fähig­keiten nicht auch in zwei oder drei Jahren noch eine gute Rolle im Pro­fi­be­reich spielen? Viel­leicht sogar in der ersten Liga? Mit Kiel steht er der­zeit auf einem Auf­stiegs­platz, ges­tern hat die Mann­schaft bewiesen, dass das kein Zufall ist.

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